Am Sat, 1 Mar 2025 11:11:19 -0000 (UTC) schrieb Ralph Aichinger
Post by Ralph AichingerPost by Wolfgang StroblEben. Also hat man nicht den geringstene Grund, ausgerechnet die
Radfahrenden als Verkehrshindernisse aufzubauen.
?
Was soll das heißen?
Das soll heißen, dass Fahrbahnfahren mit dem Rad nicht davon abhängig
ist, ob eine Straße ein Tempolimit von 30, 50, 70 oder 100 km/h hat. Es
laufen so schon genügend Bedenkenträger herum, die solche Märchen
erzählen. Man muß diesen Unsinn nicht auch noch selber verbreiten, indem
man sich in der Verkehrspolitik als Radfahrer für die Begründung von
Tempo 30 in den Vordergrund schiebt. Es gibt sehr viel bessere und insb.
_zutreffende_ Gründe für Tempo 30.
Post by Ralph AichingerArgumentierst jetzt *du*, dass Radfahrer nicht
auf die Fahrbahn sollen, weil sie da "Hindernisse" wären bzw. als solche
aufgebaut werden?
Nein, im Gegenteil. Wie kommst du auf die seltsame Idee? Ich
argumentiere _dagegen_, Radfahrende als Hindernisse auf der Fahrbahn zu
inszenieren, indem man unterstellt, Tempo 30 brauche man "wegen der
Radfahrer".
Post by Ralph AichingerPost by Wolfgang StroblPost by Ralph AichingerMan kann *beides* wollen: Tempo 30 für Fußgänger, Anwohner, spielende
Kinder etc. und Tempo 30 für Radfahrer, für die es vielleicht weniger
wichtig, aber doch eben auch nützlich ist.
Vielleicht habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt. Ich halte es für
falsch und abträglich, aus dem Radfahren eine Art Gesinnung zu machen,
für die dann gewisse identitätsstiftende Parolen eingefordert werden.
Aber wer macht das? Ich nicht. Ich sage immer klar, dass ich mir
innerstädtisch Tempo 30, teilweise sogar Tempo 20 oder
Fußgängerzone/Schrittempo wünsche, und die Radfahrer sind ungefähr
das unwichtigste dabei.
Fein. Dann muss ich deinen Satz "... und Tempo 30 für Radfahrer, für die
es vielleicht weniger wichtig, aber doch eben auch nützlich ist. Man muß
gar nichts vorschieben. *Mir* ist als Radfahrer Tempo 30 lieber als
Tempo 50, keine Frage" mißverstanden haben.
Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Mir ist unter dem Aspekt, wo
und wie ich Fahrrad fahren kann und Fahrrad fahren möchte, Tempo 30
völlig egal. Eine Begründung dafür habe ich geliefert.
Post by Ralph AichingerAber es ist eben *auch* für mich in der Rolle
als Radfahrer angenehmer, wenn die Autos eingebremst werden.
Wie gesagt, ich halte nichts davon, Radfahrende als Verkehrshindernisse
zu inszenieren, egal ob das Schauspiel aktuell auf der Straße inszeniert
wird ("Wenn der Radfahrer da vor mir nicht im Wege wäre, hätte ich mehr
Zeit an der nächsten Ampel zu warten!"), oder ob das in irgendwelchen
Verkehrsplanungssitzungen stattfindet ("Wenn wir Radverkehr ohne einen
strassenbegleitenden Radweg zulassen wollen, brauchen wir ein
Tempolimit").
Und um mich diesbezüglich zu wiederholen:
| ... die Tempo-30-Bereiche gehörten zu den umständlicheren und auf
| die Strecke bezogen vmtl. auch etwas gefährlichen Stücken. Das ist kein
| Argument gegen Tempo 30, aber ein Grund, das Fahrrad hier aus dem Spiel
| zu lassen.
|
| Die erfreulichsten und längsten Streckenteile lagen außerhalb
| geschlossener Ortschaften, mit Limits zwischen 70 km/h und 100 km/h.
Das ist kein Argument gegen Tempo 30 innerorts, aber ein starkes
Argument dagegen, ausgerechnet das Radfahren als Grund für Tempo 30
vorzuschieben. Wer als erwachsener Radfahrer nicht zu der Sorte gehört,
die nur Kurzstrecken fährt, die er oder sie besser zu Fuß bewältigte
oder zu der Sorte, die bei Mäandern und Queren der Fahrbahn von
einseitigen Landstraßenradwege hochgradig gefährdet ist, für den ist
eine Fahrbahn mit Tempo 30 eine seltene Ausnahme. Und das wird auch kaum
ändern lassen.
Post by Ralph AichingerPost by Wolfgang StroblEs ist mir grundsätzlich völlig egal, ob sich jemand "als Radfahrer"
Tempo 30 wünscht oder nicht.
Ich tu das aber. Ich wünsche mir Städte, in denen die Autos mit
Tempolimits, Pollern, Mautkameras, Halteverboten ... soweit
zurückgedrängt werden, dass sie zum Ausnahmeverkehrsmittel für die Fälle
in denen sie dringend nötig sind werden.
Früher haben wir Wunschzettel geschrieben und die ausgelegt, damit der
Weihnachtsmann sie finden kann.
In der bitteren Realität greift sich eine populistisch gefärbte
Verkehrspolitik von solchen Wunschzetteln zielsicher das heraus, was den
Autoverkehr fördert und den Radverkehr behindert.
Ich wünsche mir Städte, die nicht von Durchgangsstraßen durchzogen
werden, auf denen man nach Möglichkeit statt Tempo 50 Tempo 70 zulässt
und so oder so den Radverkehr ausperrt, weil man den ja nur dort sicher
Fahrrad fahren kann, wo Tempo 30 gilt.
Ich wünsche mir Verhältnisse, wo man z.B. auch in unserem Alter ohne
eigenes Auto problemlos mit zwei Fahrrädern und Gepäck für mehrere
Wochen verreisen kann. Leider sind die Verhältnisse aber nicht so und
wir werden sie voraussichtlich auch nicht mehr erleben.
Post by Ralph AichingerUnd das hilft mir als Anwohner, Fußgänger, Radfahrer, Elternteil ...
Ich wünsche mir Verhältnisse, die _nicht_ dazu motivieren, sich statt
eines alten, leichten, benzinsparenden und sehr geräumigen Autos, das
die meiste Zeit nur herumsteht, ein schwereres und größeres Auto
anzuschaffen, das dann auch mehr gefahren wird, oder einen Kleinwagen,
der dann dafür genutzt wird, wofür vorher die Fahrrädern dienten.
Post by Ralph AichingerPost by Wolfgang StroblJedoch halte ich es für kontraproduktiv,
die Forderung nach Tempo 30 ausgerechnet auf Radfahrende zu fokussieren.
Ich tu das nicht.
Und ich versteht das nicht. Es ergibt keinen Sinn.
Post by Ralph AichingerPost by Wolfgang StroblEs gibt reichlich belastbarere Gründe für Tempo 30 in Wohngebieten, von
denen du ja selber einige aufgezählt, als ausgerechnet den Radverkehr.
Aber der Radverkehr ist eben *auch* ein Grund, wenn nicht der
wichtigste.
Der Radverkehr ist überhaupt kein Grund, jedenfalls nicht mehr als die
Nutzung von Sandalen.
Post by Ralph AichingerPost by Wolfgang StroblWer Tempo 30 braucht, um Fahrrad zu fahren, braucht kein Tempo 30,
sondern eine Schulung.
Immer diese Schwarz-Weiß-Denke, immer dieses Aufbauen von Strohmännern.
Immer dieser Rückgriff auf Inkompetenz und Irrtümer, an denen
keinesfalls gerüttelt werden darf.
Post by Ralph AichingerGenauso wie ich zu Fuß lieber neben einer 30er-Straße, noch lieber in
einer Fußgängerzone gehe (weil es weniger gefährlich ist, weniger laut,
weniger stinkt, ich mich freier bewegen kann), geht es mir als Radfahrer
auch so. Nein, ich *brauche* nicht Tempo 30, aber ich fahre lieber dort
wo Tempo 30 (eventuell noch lieber Tempo 20) ist.
Was hat das denn mit dem Fahrrad zu tun? Wäre dir Tempo 50 oder Tempo 70
recht, wenn du im Rollstuhl dort unterwegs wärst? Oder mit Rollschuhen?
Welchen Grund gibt es, deine Fußbekleidung oder ein Fahrrad
hervorzuheben, wenn das Merkmal überhaupt keinen Unterschied macht?
Warum schreibst du nicht "Genau so wie ich als Mann lieber neben einer
30er-Straße, noch lieber in einer Fußgängerzone gehe"? Es wäre auch
zutreffend, aber nicht weniger absurd.
Seltsamerweise hört man solche Befindlichkeitseinwände nicht von Leuten,
die mit einem Moped (45 km/h-Limit) oder in einem Kabrio herumfahren.
Ich halte sie für eine Form von Projektion, auch Helfersyndrom genannt.
Sorry, wenn das jetzt etwas unhöflich klang, aber wenn es anders nicht
möglich ist, das Gemeinte verständlich zu machen ...
Diese Verwirrung könnte einem egal sein, hätte es nicht negative
Auswirkungen, wenn es darum geht, objektivierbare Interessen von
Radfahrenden zu vertreten. Wie etwa das Interesse, mit dem Fahrrad nicht
von der Nutzung einer vorhandenen Fahrbahn ausgeschlossen zu werden,
weil der Krach oder ein eingebildetes/vermeidbares Risiko
Befindlichkeitsstörungen auslöst.
Post by Ralph AichingerPost by Wolfgang StroblOb das ein Training gegen Fahrangst ist, oder
schlicht eines, welches Fähigkeiten und Fertigkeiten verschafft, dies
angstfrei und fehlerfrei auch auf Straßen zu praktizieren, die auf 50,
70 oder 100 km/h limitiert sind, sei dahingestellt. Das hängt vom
Individuum ab.
Trotzdem sind die gefährlichen, lauten und stinkenden Blechkisten
unabhängig von "Angst" einfach unangenehm, sie senken die
Aufenthaltsqualität/Nutzungsqualität der Straße auch für Radfahrer.
Ja danke. Eine blumige, emotionale und empörte Ausdrucksweise ist immer
hilfreich, wenn des darum geht, eine Diskussion zu versachlichen.
Post by Ralph AichingerPost by Wolfgang StroblPost by Ralph Aichingervorschieben. *Mir* ist als Radfahrer Tempo 30 lieber als Tempo 50, keine
Frage.
Dem kann ich mich so nicht anschließen. Sowohl auf meinem langjährigen
Arbeitsweg per Rad als auch bei den meisten der Radfahrten seit
Rentenbeginn hatte Tempo 30 einen vernachlässigbaren Anteil. Wir wohnen
in einer Tempo-30-Zone, aber es braucht nicht lange, diese per Rad zu
verlassen und die meisten Wege legen wir hier zu Fuß zurück.
Mehr noch, die Tempo-30-Bereiche gehörten zu den umständlicheren und auf
die Strecke bezogen vmtl. auch etwas gefährlichen Stücken. Das ist kein
Argument gegen Tempo 30, aber ein Grund, das Fahrrad hier aus dem Spiel
zu lassen.
Aber das hat nicht ursächlich mit Tempo 30 zu tun, sondern damit, dass
Tempo 30 nur in nicht-Durchgangsstraßen ausgerufen wird. Wenn Tempo 30
auch auf höherrangigen Straßen verordnet wird, dann wird für den
Radfahrer nichts schlechter, aber vieles angenehmer.
Viel Glück damit, Tempo 30 auf Landstraßen durchzusetzen und vor allen
Dingen mit dem Versuch, das mit ausgerechnet dieser Begründung zu tun.
Ich für meinen Teil habe nicht vor, auf einen Erfolg zu warten. Dafür
bin ich zu alt und wäre es auch dann, wenn ich halb so alt wäre.
Post by Ralph AichingerPost by Wolfgang StroblDie erfreulichsten und längsten Streckenteile lagen außerhalb
geschlossener Ortschaften, mit Limits zwischen 70 km/h und 100 km/h.
Und würde man sie ceteris paribus auf 30 senken, und ein paar Radars
aufstellen, warum genau wär dir das als Radfahrer unangenehmer?
Die Frage ist absurd, weil du genau so weißt wie ich, dass es dazu nicht
kommen wird.
Um dir aber eine Freude zu machen: in einer fiktiven alternativen Welt,
wären die Fahrten, mit denen ich in den Jahren ab 2018 die hiesige
Region per Rad erkundet habe, vmtl. recht teuer geworden, denn Tempo 30
habe da oft genug überschritten. In einer anderen Alternative, in der
sich muskelbetriebene Velomobile durchgesetzt hätten, würde man sich an
den Kopf fassen, wenn jemand die Forderung aufstellte, muskelbetriebene
Fahrzeuge, die 50 km/h fahren können, unter günstigen Umständen auch
schneller, auf 30 km/h zu beschränken.
Wobei man gar nicht mal eine alternative Welt bemühen muss - selbst ich
alter und schwacher Mensch war in den vergangenen Jahren recht häufig,
wenn auch nur kurz in der Lage, Tempo 60 bis an die 70 km/h zu
erreichen, mit einen stinknormalen Rennrad. Tempo 30 und mehr war
angesichts wechselnder Umstände in hügeligem Gelände (Gefälle,
Rückenwind) gar nicht mal selten. Mit einer Ausdauerleistung von 90 W
kann man 4%-Anstiege mit etwa 8 km/h hochkurbeln und dann mit knapp 50
km/h wieder abfahren.
Man muss keine TdF-Gewinner bemühen, um Amateursportler zu finden, die
in der Gruppe ziemlich lange Tempo 50 halten können. Auch das möchtest
du unterbinden, zum Wohle der Menschheit? Vielleicht habe ich deine
rhetorische Frage falsch verstanden?
In der Dystopie, auf die wir vielleicht zusteuern, wird man das
außerörtliche Tempolimit auf Landstraßen von 100 km/h auf 120 km/h
erhöhen, weil: warum nicht? Es wird ja niemand gefährdet, sobald alle
Radfahrenden und sonstigen langsamen Fahrzeuge auf Randwege vertrieben
sind und alle Autos nicht nur mit Spurhalte- und Abbiegeassistenten
ausgerüstet sind, sondern auch mit autonom agierenden Bremsassistenten,
die Auffahrunfälle sogar dann zuverlässig verhindern, wenn der Fahrer
einschläft. Ob das so stimmt, nur weil man es im Prospekt gelesen hat,
spielt genau so wenig eine Rolle wie das Zutreffen der Behauptung, dass
Radverkehr und Verkehr mit Kfz unverträglich seien, so lange man den
Kfzverkehr nicht samt und sonders auf das Tempo der langsamsten
Radfahrenden abgebremst hat.
--
Thank you for observing all safety precautions